Jungwuchs- und Jungbestandspflege
Waldbauliche Behandlung junger Bestände
Auch nach Pflanzung einer Kultur oder Auflaufen von Naturverjüngung kann man sich als Bewirtschafter keine Ruhepause gönnen. Die getätigte Investition muss gesichert werden und die Flächen mit jungen Bäumen regelmäßig auf Erfolg kontrolliert werden. Zu Beginn sind Kultur- und Jungwuchspflegemaßnahmen als Nachsorge notwendig. Ist der Dickungsschluss erreicht, beginnt die regelmäßige Bestandspflege mit der Jungbestandspflege.
Kultur- und Jungwuchspflege
Sowohl auf Pflanzflächen als auch in Naturverjüngungen können Lücken entstehen oder junge Bäume oder Baumarten in ungewünschter Art vorwachsen. Die Folgen können ein Verlust an Qualität, Stabilität und eine Entmischung der Bestände sein. Später kann dies nur schwer und meist unter hohem Zeit- und Kostenaufwand behoben werden. Die Kultur- beziehungsweise Jungwuchspflege steuern dem entgegen.
Lücken nachpflanzen
Kleinere Lücken in der Verjüngung schließen sich oft mit Naturverjüngung und brauchen dann nicht nachgepflanzt werden. Wo aber zu erwarten ist, dass sie sich nicht mehr schließen, sollten Sie möglichst rasch nachpflanzen.
Stabilisierung undifferenzierter Nadelholzverjüngungen
In undifferenzierten dichten Fichtenbürstenbeständen, die zum Beispiel aufgrund eines Schadereignisses ohne schützenden Altholzschirm dastehen, bietet die Phase zwischen Hüft- und Mannshöhe die effektive Möglichkeit zur Stabilisierung.
Mit dem Freischneider (Sägeblatt) kann man entweder im Abstand von 8 bis 10 Meter eine vorwüchsige Fichte durch Freistellen begünstigen oder schematisch auf etwa zwei Metern breiten Gassen die Fichten möglichst tief abschneiden. Zwischen diesen Gassen bleiben nur sehr schmale Balken mit Naturverjüngung stehen. Vorhandene Mischbaumarten bleiben dabei stehen und werden gefördert.
Vergrasung oder Verunkrautung entfernen
Zoombild vorhanden
Wird das Gras zu hoch, wird es für die jungen Bäume schwierig
(Foto: J. Böhm)
Solange die Begleitvegetation die jungen Bäume nicht überwuchert oder in ihrem Wachstum beeinträchtigt, ist sie als Schutz gegen Wind, Austrocknung und Schnee förderlich. Bei Brombeere und Adlerfarn ist jedoch besondere Vorsicht geboten. Eine überwuchernde Begleitvegetation entzieht den jungen Bäumen schnell Licht, Wasser und Nährstoffe oder drückt sie bei hoher Schneelast zu Boden.
Eingriffe erfolgen nach Notwendigkeit, wenn möglich von Juni bis August. Eventuell auch noch einmal im Herbst, vor allem bei Schneedruckgefahr. Meist reicht es dabei, nur die Bäume freizustellen und nicht die ganze Fläche aufwendig zu bearbeiten. Flächige Eingriffe zerstören sehr oft zusätzlich aufkommende Naturverjüngung, welche als Füllholz eine wichtige Funktion übernehmen kann.
Unerwünschte Begleitvegetation im Wald
Werkzeuge für die Kultur- und Jungwuchspflege
Heppe für Gras, Sträucher
und kleinere Bäumchen
(Foto: J. Böhm)
Schwedische Räumaxt für
Gräser, Sträucher und Bäume
(Foto: J. Böhm)
Handsäge für starke Sträucher
und mehrjährige Bäume
(Foto: J. Böhm)
Brombeerrechen für krautige
Konkurrenzvegetation
(Foto: W. Rothkegel)
Jungbestandspflege
Der Grundsatz bei der Behandlung von jungen Waldbeständen ist „Dickung muss Dickung bleiben“
Die jungen Bäume haben sich etabliert und zu einer Dickung geschlossen. Die einzelnen Baumarten und Bäume entwickeln sich nun unterschiedlich. In der Phase der Jungbestandspflege wird die zielgerichtete Entwicklung hinsichtlich Mischung, Vitalität, Stabilität und Qualität beobachtet und gegebenenfalls steuernd beeinflusst.
Natürlicherweise setzen sich die vitalsten Baumarten oder Individuen durch. Nur dann, wenn die Ziele des Waldbesitzers hinsichtlich Vitalität, Stabilität, Qualität und Baumartenmischung gefährdet sind, muss eingegriffen werden. Nach Abschluss der Eingriffe muss der Jungbestand noch ausreichend geschlossen sein und dadurch stabil bleiben. Es sollte auch der Grundsatz gelten, eher früh und mäßig einzugreifen, dafür in kürzeren Abständen erneut die Pflegenotwendigkeit zu beurteilen.
Wuchsdynamik und Lichtverhältnisse
Jede Baumart hat ihre eigene Wuchsdynamik. Vor allem die Lichtverhältnisse entscheiden, welche Baumart im Vorteil ist. Unter dem schattigen Schutz von Altbäumen haben zum Beispiel in der Jugend schattenliebende Bäume wie Buche und Tanne Vorteile. Auf der freien Fläche sind sie aber gegenüber schnellwachsenden Baumarten wie Fichte, Birke, Erle oder Weide im Nachteil.
Baumarten fördern
Für die spätere gewünschte Mischung des Bestandes kann es daher notwendig sein, benachteiligte Baumarten während der Jungbestandspflege truppweise zu fördern. Im Prinzip geht der Blick auf den erwünschten Baum.
Vitalität, Stabilität und Qualität sind die wichtigen Kriterien. Zusätzlich sollte die gewünschte Baumart klimatolerant sein. Diese sogenannten Optionen oder zielgerichtete Kandidaten sollten in ausreichender Zahl (Abstand etwa acht bis zehn Meter maximal 1-2 Entnahmen pro Option) vorhanden sein.
Rechtzeitig eingreifen
Der rechtzeitige Eingriff spart Zeit und Geld und fördert qualitativ bessere Bäume. Der auf die notwendigen Maßnahmen beschränkte Pflegedurchgang bewahrt den Dichtstand und damit die Qualifizierung (vor allem die Astreinigung im Laubholz). Außerdem bleiben dadurch zukünftige Biotopbäume und notwendiges Weichlaubholz erhalten.
Praxistipps
Ziel für Nadelholzbestände
Möglichst baumartenreicher und gut strukturierter sowie stabiler Bestand
Empfohlene Maßnahmen
- in differenzierten Nadelholzdickungen in der Regel nicht eingreifen
- in der Dickungsphase in undifferenzierten Beständen Stammzahl nicht reduzieren, da dies bereits vor Dickungsschluss erfolgen muss
- Kriterien für die Differenzierung sind pauschal: Durchmesserspreitung, Höhe, Kronenlänge
- beigemischtes Laubholz und Tanne erhalten
- bei Gefahr von Stabilitätsverlusten sowie bei Lichtbaumarten wie Lärche und Kiefer frühzeitig zur Auslesedurchforstung übergehen (Stabilisierung über Einzelstämme)
Ziel für Laubholzbestände (und Mischbestände mit führendem Laubholz)
Anstreben einer geschlossenen, zielgerecht gemischten Dickung mit einer ausreichenden Anzahl von vitalen, gut veranlagten und zielgerechten Kandidaten (sogennante Optionen) für die nachfolgende Phase der Auslesedurchforstung
Empfohlene Maßnahmen
- Selbstdifferenzierung und Astreinigung sowie Reduzierung der Zwieselbildung durch ununterbrochenen Dichtstand sichern (Vermeidung längerfristiger Unterbrechungen des Kronenschlusses)
Dickung muss Dickung bleiben
- keine reine Stammzahlreduktion, nur einzelne Entnahmen, da dies eine positive Entwicklung (Qualität) verlangsamt oder verhindert
- erforderliche Eingriffe möglichst früh durchführen
- vorwüchsige Grobformen (sogenannte Superprotz), beschädigte Bäume, Tiefzwiesel, Reiber und verdämmendes Weichlaubholz nur entfernen beziehungsweise zurücknehmen, wenn qualitativ bessere Bäume jetzt oder im Laufe der nächsten Jahre deutlich bedrängt werden
- bei günstigen Bestandssituationen sogenannte Hiebsruhe keine aktiven Maßnahmen, Bestandsglieder qualifizieren sich selbstständig
- bei Dickungen mit schlechter Qualität: frühzeitiger Übergang zu vorsichtiger Positivauslese
- bessere Formen gezielt vom stärksten Bedränger entlasten
- bei Bedarf nachholende Mischwuchsregulierung zu Lasten nicht standortsgerechter Baumarten und zugunsten klimatoleranter Baumarten durchführen
- Vitalität und Stabilität des Einzelbaumes haben in der Regel Vorrang vor der Qualität
- maximal eine bis zwei Entnahmen pro Option
Protzen nur entfernen, wenn sie die gewünschten Ziele gefährden
Kranke, krumme, beschädigte oder grobe vorgewachsene Jungbäume, sogenannte Protzen, erfüllen in der Regel nicht die Werterwartungen. Deswegen kann es sinnvoll sein, diese jungen Bäume mit schlechter Qualität schon während der Jungbestandspflege zu entnehmen.
Dies sollte aber nur geschehen, wenn sie tatsächlich qualitativ bessere Individuen oder wertvolle Mischbaumarten stark be- oder gar verdrängen. Sie müssen sich also als echte Konkurrenz ums Überleben erweisen.
Werkzeuge für die Jungbestandspflege
Am besten entfernen Sie unerwünschte Bäume je nach Dimension mit einer Handsäge (siehe Werkzeuge für die Kultur- und Jungwuchspflege), einer leichten Motorsäge oder mit einem Freischneider.
Die richtige Motorsäge und der Umgang damit
Motormanueller Freischneider
(Foto: Waldbauernschule Kelheim)
Motorsäge
(Foto: J. Böhm)
Pflegepfade
Zur besseren Orientierung und Durchführung von Pflegemaßnahmen sollten Pflegepfade angelegt werden, bei größeren Flächen sind sie unerlässlich. Pflegepfade sind etwa einen Meter breit und haben einen Abstand von etwa 12 bis 15 Metern.
Später wird jeder zweite Pflegepfad zu einer Rückegasse. Schon bei der Anlage und Ausrichtung der Pflegepfade sollte daher die Ausrichtung der späteren Feinerschließung beachtet werden.
Walderschließung durch Wege und Rückegassen
Weitere Informationen
Unser Tipp:
Fragen kostet nichts! Unsere Beratungsförster/innen helfen bei Fragen zur Pflege junger Waldbeständen gerne weiter. Mit unserem praktischen Försterfinder können auch Sie schnell Ihren zuständigen Förster finden.
Ihr Förster vor Ort