Gemeinwohlleistungen der Berglandwirtschaft
Almen bzw. Alpen sind ein über Jahrhunderte durch die Erfahrung vieler Generationen entstandenes Kulturland, das von einer standortangepassten und damit nachhaltigen Bewirtschaftung durch den Menschen abhängig ist.
Von der Berglandwirtschaft profitiert die gesamte Gesellschaft, da sie folgende Aufgaben übernimmt:
Sicherung von Lebensgrundlagen und Schutz vor Naturgefahren
Die Flächen im Berggebiet stellen ein sehr empfindliches Ökosystem dar. Die Bergbauern sind sich ihrer besonderen Verantwortung für dieses Gebiet bewusst.
Ihre Art der schonenden Bewirtschaftung ist entscheidend für die Sicherung der Alpenregionen als Lebens-, Wirtschafts- und Erholungsräume. Die Berglandwirte erzeugen durch die Nutzung der Alm- und Alpflächen nicht nur gesunde Nahrungsmittel von höchster Qualität, sondern schützen damit auch Boden und Wasser und leisten somit einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz.
Zudem verhindert oder minimiert die Berglandwirtschaft und die Bewirtschaftung des Bergwaldes die Gefahr von Lawinen, Hochwasser, Muren, Rutschungen und Erosion. Damit schützen die Bergbauern die Bevölkerung im Tal.
Schutzfunktion des Waldes
Erhalt der Biodiversität
Almen bzw. Alpen besitzen kleinflächig stark wechselnde Standortbedingungen und bieten damit vielzählige Lebensräume für die unterschiedlichsten, oftmals gefährdeten Arten der Pflanzen- und Tierwelt.
Rosmarin-Seidelbast
Dieses Standortmosaik ist einerseits eine Folge natürlicher Gegebenheiten wie den sehr unterschiedlichen Bodenverhältnissen, Höhenlagen, dem Klima, der Hangneigungen und Expositionen der Alm- und Alpflächen. Andererseits wird dieses Mosaik auch stark durch die Anzahl und Art der aufgetriebenen Weidetiere beeinflusst. Über Tritt, Verbiss und Nährstoffausscheidungen wirken diese direkt auf die Fläche ein und schaffen so eine Vielzahl an kleinsten Lebensräumen (Mikroökosystemen). Alm- bzw. Alpwirtschaft ist damit zusammen mit den Bergwäldern unverzichtbarer Garant für Biodiversität im Alpenraum.
Zu schützende Flora
Beispiele für Pflanzenarten, die auf eine nachhaltige Alm-/Alpbewirtschaftung in Bayern angewiesen sind:
- Pyrenäen-Drachenmaul (Horminum pyrenaicum, R* - äußerst selten)
- Fuchsschwanz-Ziest (Betonica alopecuros, R – sehr selten)
- Disjunkte und relativ begrenzte Kleinareale dieser südalpinen Art in Almgebieten der Landkreise Garmisch-Partenkirchen, Miesbach, Berchtesgaden/D
- Bastard-Hahnenfuß (Ranunculus hybridus, R* - äußerst selten)
- In den Nordalpen sehr selten auf wenigen Gratfluren und extensiven Hochalmen (z.B. Garmischer Schafweide)
- Bayerische Sterndolde (Astrantia bavarica, R !a – sehr selten mit Alleinverantwortung Bayerns)
- Nur in einem kleinen Areal des Mittelstockes in Oberbayern, dort von Lahnerstandorten in Alm(brach)en hineinziehend (Blauberge, Isarwinkler Almen, z.B. Massenbestand Rehgrabenalm)
- Rosmarin-Seidelbast (Daphne cneorum, 2 – stark gefährdet)
- Im abgesprengten nordalpischen Kleinareal kommt diese submediterrane, wohlduftende Art auf wenigen Isar-Talalmen vor (Garmisch-Partenkirchen)
- Ostalpenprimel bzw. Clusius`Schlüsselblume (Primula clusiana, R* - äußerst selten)
- Westgrenze auf der Saletalm am Königssee/D
Legende für Botanische Bezeichnungen
Bedrohte Fauna
Beispiele für Tierarten, die auf eine nachhaltige Alm-/Alpbewirtschaftung in Bayern angewiesen sind:
- Hermelin (Mustela erminea, V - Vorwarnliste)
- Auerhuhn (Tetrao urogallus, 1 – vom Aussterben bedroht)
- Birkhuhn (Tetrao tetrix, 1 – vom Aussterben bedroht)
- Steinadler (Aquila chrysaetos, 2 – stark gefährdet)
- Baumpieper (Anthus trivialis, 3 – gefährdet)
- Alpenbraunelle (Prunella collaris, R – extrem seltene Arten)
- Zitronenzeisig (Carduelis citrinella, V – Art der Vorwarnliste)
- Schlingnatter (Coronella austriaca, 2 – stark gefährdet)
- Kreuzotter (Vipera berus, 2 – stark gefährdet)
- eine Vielzahl von Insekten-, Spinnen-, Mollusken- und Tagfalterarten
Zuchtvieh
Viele bayerische Almen und Alpen werden während der Sommermonate mit meist jungem Zuchtvieh aus Talbetrieben bestoßen. Vor allem handelt es sich dabei um Rinder und Schafe.
Rinderrassen
Über 90 % der aufgetriebenen Rinder in Oberbayern gehören zur Rasse Fleckvieh. Typisch für den Landkreis Garmisch-Partenkirchen sind die im Bestand gefährdeten Murnau-Werdenfelser, in den Landkreisen Berchtesgadener Land und Traunstein die Pinzgauer Rinder. In Teilen des Landkreises Weilheim-Schongau und vor allem im Allgäu liegt das Hauptverbreitungsgebiet des Braunviehs.
Schaf- und Ziegenrassen
Neben den Rindern werden in Bayern hauptsächlich Schafe, vereinzelt auch Ziegen auf den Almen und Alpen gehalten; diese finden sich vor allem auf den Hochalmen im Landkreis Garmisch-Partenkirchen. Allein hier weiden jährlich rund 2.000 Schafe der seltenen Rassen Braunes und Weißes Bergschaf. Daneben kommen noch eingetragene Zuchttiere der Rassen Geschecktes Bergschaf, Alpines Steinschaf, Brillenschaf und Krainer Steinschaf im bayerischen Berggebiet vor. Eine größere Ziegenweide mit überwiegend Bunten Deutschen Edelziegen hat seit Jahren in Mittenwald Tradition.
Sömmerung auf einer Alm oder Alpe
Die Sömmerung auf einer Alm oder Alpe wirkt sich sehr positiv auf die Entwicklung der Zuchttiere aus:
- Verbesserung der Tiergesundheit,
- Optimierung des Leistungspotenzials,
- Verbesserung des Fundaments,
- Konditionsgewinn,
- Sozialisierungs- und Lernfähigkeit,
- Förderung der Nutzungsdauer,
- Fruchtbarkeit, Geburts- und Muttereigenschaften,
- verbesserte Michinhaltsstoffe und -zusammensetzung.
Zuchttierschauen und Zuchtviehmärkte
Regelmäßig, insbesondere mit starker Beschickung im Herbst nach dem Almabtrieb bzw. Viehscheid, finden in der Region Zuchttierschauen und Zuchtviehmärkte statt, auf denen Tiere gekört bzw. bewertet und versteigert werden. Die wichtigsten Marktorte für Zuchtrinder und -schafe sind Miesbach und Weilheim, für Rinder außerdem Kempten und Traunstein.
Gefährdete heimische Nutztierrassen
Alm- und Alpwirtschaft prägen und werden geprägt von den Regionen im Alpenraum, in denen sie betrieben werden. Die jeweiligen Bewirtschaftungsformen unterscheiden sich zwischen den Alpenländern, aber auch innerhalb Bayerns besonders zwischen dem Allgäu und Oberbayern.
Angepasste Rassen für eine optimale Beweidung
Jedes Alm-/Alpgebiet stellt einen eigenen Lebensraum mit charakteristischen Klima-, Boden- und Vegetationsverhältnissen dar. Nicht jede Tierart bzw. jede Rasse sind für die Sömmerung optimal einsetzbar. Schwere Intensivrassen sind hier weniger geeignet - vorteilhaft sind spezielle Rassen, die oftmals schon seit Jahrhunderten aufgetrieben werden und sich an die Besonderheiten in den Hochlagen angepasst haben. Sie zeichnen sich aus durch eine besonders gute Geländegängigkeit, eine hohe Futtergenügsamkeit, robuste Gesundheit und Wetterfestigkeit. Die Sömmerungstiere scheinen außerdem ihr Wissen zum Alm-/Alpgebiet von Generation zu Generation weiterzugeben, so dass ein typisches Weideverhalten zu beobachten ist. Dadurch tragen sie entscheidend zur Prägung der Landschaften im Alpenraum bei.
Gefährdete heimische Nutztierrassen
Die „Almtauglichkeit“ und regionale Angepasstheit stellen den besonderen Wert der heimischen Nutztierrassen für die Berglandwirtschaft dar. Trotzdem sind viele Nutztierrassen - Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde - im gesamten Alpenraum gefährdet. Weil ein bestehender Verdrängungsprozess durch Leistungszuchten in den Alpen jedoch später einsetzte als in anderen Regionen, finden sich im Berggebiet trotzdem noch die europaweit wichtigsten Genreserven für alte Haustierrassen.
Erhalt der genetischen Vielfalt
Die Haltung von heimischen Nutztierrassen ist daher nicht nur aus Gründen der optimalen Bewirtschaftung der Alm-/Alpgebiete vorteilhaft. Gleichzeitig wird hiermit ein Beitrag zum Erhalt der genetischen Vielfalt unserer Nutztierrassen und damit auch zur Sicherung der Landeskultur und -identität des Alpenraums geleistet. Der Auftrieb gefährdeter Rassen spielt eine wichtige Rolle für den Tourismus und damit für die Wertschöpfung der Bergbauernbetriebe.
Fördermaßnahmen zur Erhaltung gefährdeter heimischer Nutztierrassen
Ziel ist es, die Bestände zu erhalten. Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten fördert daher Maßnahmen zur Erhaltung gefährdeter einheimischer landwirtschaftlicher Nutztierrassen.
Allgäuer Sennalpkäse
Eigenschaften und Produktion
Beim Allgäuer Sennalpkäse handelt es sich um eine regionale Spezialität des Allgäus, in dem die herkunftsbezogenen Eigenschaften besonders hervortreten. Das Futter kräuterreicher Alpweiden, traditionelle Produktionsmethoden und die Höhenlage geben dem Käse seinen einzigartigen Geschmack und wertvolle Inhaltsstoffe.
Allgäuer Sennalpkäse ist ein Rohmilchkäse, der sehr hohe Karotin- und Omega-3-Fettsäuregehalte aufweist. Er hat einen einzigartigen pikanten bis kräftigen, würzigen, nusskernartigen und unter Umständen auch einen leicht rauchigen Geschmack.
Allgäuer Sennalpkäse wird nur in den Monaten von Mai bis Oktober auf staatlich anerkannten Sennalpen, welche alle über 800 Meter Meereshöhe liegen, traditionell handwerklich hergestellt. Die Milch wird von Braunviehkühen mit Weidegang aus silagefreier Fütterung gewonnen.
Allgäuer Sennalpkäse (Spezialitätenland Bayern)
EU-Herkunftsschutz
Der Allgäuer Sennalpkäse ist seit 14. Juni 2016 als geografische Angabe (g.A.) europaweit geschützt. Der Sennalpkäse ist damit nach Emmentaler, Bergkäse und Weißlacker die vierte Käsespezialität aus dem Allgäu, die von der EU-Kommission in das europäische Herkunftsregister aufgenommen wurde.
EU-Herkunftsschutz
Pflege von bergbäuerlichem Brauchtum und Kultur
Bayern erfreut sich einer unverfälschten und tief verwurzelten ländlichen Kultur, mit einem vielfältigen und lebendigen Brauchtum, das Jung und Alt verbindet und so das Rückgrat unserer Gesellschaft bildet. Gleichzeitig sind Brauchtum und Kultur auch ein weltweites Aushängeschild Bayerns und Grundlage für den Tourismus mit jährlich vielen Millionen Besuchern.
Bergbäuerliche Bräuche und Feste
Die jahrhundertelange Berglandbewirtschaftung im bayerischen Alpenraum brachte eigene Bräuche hervor, die sich in Festen und auch im Alltag dieser Region, besonders in Sprache, Kleidung, Handwerk und Baustil wiederspiegeln. Nur eine aktive Berglandwirtschaft einschließlich der Alm- und Alpwirtschaft kann diesen kulturellen Reichtum der Region für zukünftige Generationen pflegen und erhalten.
Beispiele Bergbäuerlichen Brauchtums:
- Viehscheid bzw. Almabtrieb mit Kranzbinden
- Almmessen
- Musikabende auf der Alm
- Feste im Jahreskalender
- Almbauerntage
- Schuhplattler
- Alphornblasen